Der bekannte Beamtenrechtler Dr. Maximilan Baßlsperger (Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift Personalvertretung, Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, sowie Verfasser zahlreiche Kommentierungen zum Beamtenrecht) hat den folgenden Blog-Beitrag zum Erfordernis der Abgabe von Überlastungsanzeigen veröffentlicht:
"Überlastungsanzeige: Rechtliche Wirkung und notwendiger Inhalt
Auch im öffentlichen Dienst kommt es vermehrt zu Arbeitsüberlastungen.1
Arbeitnehmer und Beamte sehen sich außerstande, die ihnen übertragenen
Arbeiten bestmöglich zu erledigen. Ihre Belastungsgrenze ist erreicht
oder bereits überschritten.
Was können die Beschäftigten hier selbst
tun? Nur wenige wissen, dass mit einer Überlastungsanzeige nicht nur
eine rechtliche Möglichkeit, sondern auch eine Verpflichtung besteht,
einem solchen behördeninternen Missstand entgegenzuwirken.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Die Überlastungsanzeige sollte mit einer Aufforderung enden, die
aufgezeigten Missstände baldmöglichst zu beheben. Hinweis: Eine Vorlage
für eine Überlastungsanzeige können Sie hier herunterladen.
Ich denke:
Leidtragender einer Überlastung der Beschäftigten ist immer auch der Bürger. Auch deshalb sollte man sich nicht scheuen, eine entsprechende Anzeige vorzunehmen.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Siehe etwa die Blogbeiträge: „Zu wenig Beamte – große Sicherheitslücken“ und „Sicherungsverwahrung: Überlastung der Polizei droht“
in vielen Verwaltungen klagen die Beschäftigten über ein
nicht mehr zu bewältigendes Arbeitspensum. Fehler oder Mängel, längere
Bearbeitungszeiten, Beschwerden von Bürgern, Termin- bzw.
Fristversäumnisse oder Regressansprüche sind die Folge.
Ständige Überlastung im Berufsleben kann bei den
Beschäftigten außerdem zu ernsten Erkrankungen führen. Arbeitnehmer und
Beamte leiden unter körperlicher und seelischer Erschöpfung als Folge
einer längeren Überforderung.2 Der Körper wehrt sich durch
Krankheit, der Stress wird unerträglich, das Familienleben leidet, die
anfallenden Arbeiten werden nicht mehr mit der notwendigen Konzentration
erledigt.
1. Sinn und Zweck der Überlastungsanzeige3
Die Überlastungsanzeige dient dazu, dem Arbeitgeber bzw.
dem Dienstherrn Mängel in der personellen Organisation zu verdeutlichen.
Hierbei handelt es sich regelmäßig um eine unzureichende personelle
Besetzung bzw. um Fehler bei der Verteilung der vorhandenen
Arbeitsmenge. Die Anzeige hat das Ziel, Verbesserungen zu erreichen. Der
Anzeigende macht dem Arbeitgeber/Dienstherrn deutlich, dass das
vorhandene Pensum durch ihn nicht mehr bewältigt werden kann und deshalb
Fehler im Geschäftsgang nicht auszuschließen sind.
Der Arbeitnehmer/Beamte bleibt jedoch grundsätzlich in
der Pflicht, seine Dienstleistung unter Berücksichtigung der Weisungen
(siehe unten 2.) mit der ihm möglichen Sorgfalt zu erbringen. Eine
Überlastungsanzeige berechtigt nicht zu einem pflichtwidrigen Handeln
(„Krankmachen“ bzw. langsamer „Dienst nach Vorschrift“). Sie entbindet
den Arbeitnehmer/Beamten gerade nicht von seiner Pflicht zur
sorgfältigen Arbeitsleistung.
2. Der rechtliche Hintergrund
Im Arbeitnehmerbereich verpflichtet §
242 BGB die Beschäftigten, ihre Arbeitsleistung so zu erbringen, „wie
Treu und Glauben auf die Verkehrssitte es erfordern“. Darum müssen auch
die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ihre Vorgesetzten
rechtzeitig darüber informieren, wenn die übertragene Arbeit
unverrichtet bleibt oder nur mangelhaft erledigt werden kann. § 618 BGB
verpflichtet umgekehrt den Arbeitgeber, Dienstleistungen unter seiner
Leitung „so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und
Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es
gestattet.“
Beamte tragen nach den
gleichlautenden Vorschriften der § 63 BBG (Bundesbeamte) bzw. § 36
BeamtStG (Landesbeamte) die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit ihrer
dienstlichen Handlungen. Verletzten Sie vorsätzlich oder grob fahrlässig
ihre Pflichten, so sind sie nach § 75 BBG (Bundesbeamte) und § 48
BeamtStG (Landesbeamte) zum Schadensersatz verpflichtet. Hier wird man
die Überlastungsanzeige als eine Folge der Verpflichtung des Beamten aus
seinem Dienst- und Treueverhältnis ansehen können, seine Bedenken
unverzüglich geltend zu machen.
Daraus ergibt sich, dass es weder der Arbeitnehmer, noch
der Beamte unterlassen darf, seinen Vorgesetzten auf „Missstände und
Fehlentwicklungen“ beim Arbeitspensum hinzuweisen.4
Die Folgen einer ordnungsgemäßen Überlastungsanzeige sind:
- der Arbeitgeber bzw. der Dienstherr ist aufgrund der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gehalten, den vorhandenen Missständen entgegenzuwirken und
- der Arbeitnehmer oder Beamte befreit sich von einer ihm evtl. drohenden Schadensersatzpflicht.
3. Form und Inhalt der Überlastungsanzeige
Da mündliche Aussagen oft keinen Beweiswert besitzen oder nicht ernst genommen werden, ist es wichtig, die Überlastungsanzeige schriftlich zu stellen. Welchen Inhalt sollte nun eine Überlastungsanzeige aufweisen?
Eine Überlastungsanzeige sollte insbesondere auf folgende Punkte eingehen:
- Welcher Arbeitsanfall ist zu bewältigen? (Anzahl der Fälle etc.)
- Wie ist die Organisationseinheit gegenwärtig besetzt?
- Wodurch ist die Arbeitsüberlastung entstanden? (Urlaub oder Erkrankung von Kollegen; übermäßige Vertretungen, die der Beschäftigte vorzunehmen hat; erforderliche Ausbildung von Nachwuchskräften etc.)
- Wie wirkt sich die Arbeitsüberlastung im Einzelfall aus? (Beschwerden von Bürgern; längere Bearbeitungszeiten; Arbeitsrückstände usw.)
- Welche persönlichen Folgen können sich für den Beschäftigten ergeben? (Krankheit; Erschöpfung etc.)
Ich denke:
Leidtragender einer Überlastung der Beschäftigten ist immer auch der Bürger. Auch deshalb sollte man sich nicht scheuen, eine entsprechende Anzeige vorzunehmen.
Herzlich,
Ihr
Dr. Maximilian Baßlsperger
1 Siehe etwa die Blogbeiträge: „Zu wenig Beamte – große Sicherheitslücken“ und „Sicherungsverwahrung: Überlastung der Polizei droht“
3 Zu dem Problem siehe Lindner, Die Überlastungsanzeige in der öffentlichen Verwaltung, PersR 2011, 251ff.
4 http://lueneburger-heide.verdi.de//fachbereiche_-_branchen_-_berufe/3_ges_sozd_wohl_kirchen/ueberlastungsanzeigen"
Quelle: https://www.rehm-verlag.de/beamtenrecht/blog-beamtenrecht/ueberlastungsanzeige-rechtliche-wirkung-und-notwendiger-inhalt/
Quelle: https://www.rehm-verlag.de/beamtenrecht/blog-beamtenrecht/ueberlastungsanzeige-rechtliche-wirkung-und-notwendiger-inhalt/
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