Der Niedersächsische Beamtenbund (NBB) und Niedersächsische Richterbund (NRB) haben bei einer gemeinsamen Pressekonferenz auf die angespannte Situation des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen hingewiesen und der Landesregierung konkrete Forderungen unterbreitet.
Alleine bis 2026 gehen etwa ein Drittel der 170.000 Beamten in den Ruhestand:
"Niedersächsischer Beamtenbund und Niedersächsischer Richterbund zur Situation des öffentlichen Dienstes
Berufsattraktivität muss sich deutlich steigern – Angriffe gegen den öffentlichen Dienst nachhaltig bekämpfen
Foto: NBB v.l.: Dr. Peter Specke, Alexander Zimbehl, Martina Thorausch (LPK), Frank Bornemann |
Der
Niedersächsische Beamtenbund (NBB) hat heute zusammen mit dem
Niedersächsischen Richterbund (NRB) deutlich auf die nach wie vor
angespannte Situation des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen
hingewiesen und der Landesregierung konkrete Forderungen unterbreitet.
So ging der 1. Landesvorsitzende des NBB Alexander Zimbehl auf die aktuelle Situation der knapp 460.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen ein.
So gehen nach Berechnungen des NBB bis zum Jahr 2026 knapp ein Drittel der aktuell ca. 170.000 Beamtinnen und Beamten, in den Ruhestand.
Alexander Zimbehl stellte dabei die Berechnungen des Beamtenbundes dar, wonach derzeit davon ausgegangen werden müsse, dass in den kommenden fünf Jahren etwa 45.000 Beamtinnen und Beamte für den öffentlichen Dienst gewonnen werden müssen, um das zu erwartende Personaldelta auszugleichen. Auf Bundesebene geht man derzeit von einem Personalbedarf in Höhe von etwa 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus.
Dieser Faktor des zu erwartenden Personalverlustes bedeutet zum einen den erheblichen Verlust von Fachwissen in allen Bereichen und Ressorts, gleichzeitig aber auch den dringenden Bedarf, die offenen Stellen mit geeigneten Nachwuchskräften umgehend nach zu besetzen. Dafür stehen die Voraussetzungen nach Einschätzung von Alexander Zimbehl und von Frank Bornemann, Vorsitzender des Niedersächsischen Richterbundes, derzeit aber denkbar schlecht. Bornemann skizzierte die nahezu identischen Probleme explizit in den Bereichen der Justiz. Auch dort herrsche bereits jetzt ein eklatanter Mangel an Fachpersonal, um die deutlich gestiegene Anzahl der Verfahren bearbeiten zu können.
So seien nach Angaben von Bornemann auch im aktuellen Haushalt lediglich zwanzig neue Richterstellen in den Haushalt eingestellt worden – angesichts der erheblichen Umfänge vieler Verfahren nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Auf die Besoldungssituation ging dann ausführlich der 2. Landesvorsitzende des NBB, Dr. Peter Specke ein. Dieser machte deutlich, in welchen Vergleichspositionen sich große Teile des niedersächsischen öffentlichen Dienstes derzeit befinden.
Besonders eklatant sei die Situation in den unteren und mittleren Einkommensbereichen, insbesondere den Besoldungsgruppen zwischen A 6 und A 11. Hier nehme Niedersachsen im Bund-Länder-Vergleich nahezu durchgängig einen der hintersten Plätze ein.
Grund hierfür sei die Besoldungsentwicklung der vergangenen Jahre in Niedersachsen, insbesondere bedingt durch den Wegfall des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes, sowie zweier Nullrunden für den öffentlichen Dienst.
Dr. Specke machte weiterhin deutlich, dass der niedersächsische Landeshaushalt seit Wegfall der Sonderbezüge ungefähr 700 Mio. Euro Personalkosten pro Jahr einspare. Dieser Umstand ist seitens des öffentlichen Dienstes nicht weiter hinnehmbar.
Sowohl die Vertreter des Niedersächsischen Beamtenbundes, als auch des Niedersächsischen Richterbundes machten deutlich, dass sich diese Situation so schnell wie möglich ändern müsse, insbesondere wenn Niedersachsen angesichts einer insgesamt guten finanziellen Situation den Anschluss an andere Bundesländer nicht endgültig verlieren wolle. Schon jetzt sei festzustellen, dass viele junge Menschen sich für andere Arbeitgeber entscheiden. Angesichts des dringend benötigten Nachwuchses eine absolut problematische Situation.
In einem weiteren Teil ging zunächst der 1. Landesvorsitzende des NBB Alexander Zimbehl auf das immer weiter zunehmende Problem des Ansehensverlustes im öffentlichen Dienst ein.
Zimbehl spricht dabei von drei verschiedenen Säulen, die in diesem Zusammenhang zu betrachten sind. Als erste Säule nennt er diejenigen Beschäftigten, die aufgrund ihrer Außenkontakte dieses Problem schon lange kennen und von einer immer weiter sinkenden Gewaltschwelle gegen sie berichten können. Hierzu zählen in erster Linie Beschäftigte der Polizei, der Feuerwehren, der Justiz, der Pflegekräfte in den Krankenhäusern und die Beschäftigten in den Außendiensten, beispielsweise Gerichtsvollzieher oder kommunale Außendienstkräfte.
In einer zweiten Säule nehmen auch der NBB und der NRB die zunehmende Gewaltbereitschaft gegen hauptamtliche und ehrenamtliche Politikerinnen und Politiker wahr. Hier ist, nicht zuletzt nach dem Mordanschlag auf den Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke eine neue Form der Gewalt erreicht.
Als dritte Säule führt Zimbehl die Beschäftigten in den Verwaltungsbereichen, explizit in der Steuer- und Kommunalverwaltung, den Agenturen für Arbeit und den Sozialversicherungsbereichen auf. Diese Kolleginnen und Kollegen berichten zunehmend von Respektlosigkeiten und Beleidigungen bis hin zu tätlichen Angriffen.
Zimbehl, Dr. Specke und Bornemann erheben in diesem Zusammenhang drei zentrale Forderungen an die Landespolitik:
- Die Situation in den Dienststellen muss deutlich und nachhaltig zum Schutze der Beschäftigten verbessert werden. Denkbar wären hier Zugangskontrollen, bessere Alarmsysteme und Notfallpläne.
- Es besteht die Forderung einer konsequenten Strafverfolgung. Hier schließt sich der NBB den Überlegungen des Deutschen Beamtenbundes an, dass Straftaten gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nicht aufgrund mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt werden können. Es wurde deutlich gemacht, dass es nahezu durchgehend im öffentlichen Interesse des Staates liegen müsse, wenn Beschäftigte des öffentlichen Dienstes während ihrer Amtsausübung Opfer von Straftaten werden, diese auch strafrechtlich zu verfolgen.
- Einführung eines landesweiten und optional auch bundesweiten Melderegisters für die Begehung derartiger Straftaten. Der NBB und der NRB fordern die Landesregierung auf, beispielsweise durch Schaffung einer Regierungskommission, die notwendigen rechtlichen Schritte einzuleiten, um endlich das Dunkelfeld dieser Straftaten aufzuhellen und durch Bildung einer zentralen Stelle auf Attacken gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes zu reagieren.
Quelle: NBB, URL: https://www.nbb.dbb.de/aktuelles/news/berufsattraktivitaet-muss-sich-deutlich-steigern-angriffe-gegen-den-oeffentlichen-dienst-nachhaltig-bekaempfen/
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