BDZ: Ist die Anerkennung von COVID-19-Infektionen als Dienstunfall möglich?
(BMF zur Corona-Pandemie)
Das BMF hat Antworten zu dienstunfallrechtlichen Fragestellungen gegeben - der BDZ kritisiert die hohen Hürden und die Nachweisführung durch die betroffenen Beschäftigten:
"Corona-Pandemie
Ist die Anerkennung von Covid-19-Infektionen als Dienstunfall möglich?
Ein Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 BeamtVG setzt voraus, dass ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis in Ausübung des Dienstes eingetreten ist.
Das BMF stellt in seinem Erlass fest, dass nach dieser Definition die Anerkennung einer Covid-19-Infektion/Erkrankung als Dienstunfall grundsätzlich möglich ist.
Einseitige Beweislast der Beschäftigten
Die höchste Hürde bei der Anerkennung einer COVID-19-Infektion als Dienstunfall besteht für den/die Beamten/innen allerdings in dem Nachweis, dass die Infektion als „örtlich und zeitlich bestimmbares“ Ereignis „in Ausübung des Dienstes eingetreten ist“.
Die Beweislast hierfür liegt allein beim betroffenen Beamten. Das BMF verweist hier auf die im Dienstunfallrecht geltenden allgemeinen Beweisregeln. Beamtinnen und Beamten haben nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls vorliegen. Als Beweismaßstab gilt die „mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, d. h., der Beweis ist als erbracht anzusehen, wenn ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass kein vernünftiger die Lebensverhältnisse überschauender Mensch noch zweifelt (vgl. Tz. 45.3.1.4 BeamtVGVwV). Alle Voraussetzungen müssen zur vollen Überzeugung der Verwaltung feststehen. Eine Beweiserleichterung für an Covid-19 erkrankte Beamtinnen und Beamte oder eine Beweislastumkehr gibt es nicht.
Der BDZ kritisiert, dass den Kolleg(innen) eine Beweislast
aufgebürdet wird, der sie in der Praxis nur schwer nachkommen können.
Es sind lediglich besondere Einzelfälle denkbar, in denen ein/eine
Beamter/in nachweisen kann, dass er im Anschluss an einen negativen
Corona-Test an einem bestimmten Tag im Dienst mit einem Infizierten in
Kontakt kam und ansonsten alle privaten Infektionsmöglichkeiten
ausgeschlossen waren.
Ohne eine Beweislasterleichterung oder
Beweislastumkehr bleibt eine Durchsetzung von dienstunfallrechtlichen
Ansprüchen nur auf Einzelfälle beschränkt.
Keine Anerkennung als Berufskrankheit
Naheliegend wäre an sich eine Anerkennung als Berufskrankheit. Berufskrankheiten, die sich langsam entwickeln und grundsätzlich nicht auf ein einzelnes, isoliertes Unfallereignis zurückgeführt werden können, werden unter bestimmten Voraussetzungen einem Dienstunfall gleichgestellt. Das gleiche gilt für Infektionskrankheiten, sofern nicht konkret bestimmt werden kann, wann und bei welcher konkreten Gelegenheit sich der/die Beamte/in infiziert hat.
Der vorliegende Erlass des BMF verweist jedoch darauf,
dass die Anerkennung eines Dienstunfalls nach § 31 Abs. 3 BeamtVG
(Berufskrankheit) in der Zollverwaltung nicht möglich ist. Zwar würden
Covid-19-Infektionen von der BK 3101 der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung erfasst. Allerdings erfüllten Zollbeamtinnen
und -beamte regelmäßig nicht die dort genannten weiteren
Voraussetzungen, weil sie weder im Gesundheitsdienst noch in der
Wohlfahrtspflege noch in einem Laboratorium tätig seien.
Sie seien auch
nicht durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße
ausgesetzt. Es lägen derzeit keine medizinischen und epidemiologischen
Erkenntnisse für andere Tätigkeiten vor, die denen im Gesundheitsdienst,
in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium vergleichbar wären.
Das BMF verweist diesbezüglich auf die Antwort der Bundesregierung auf
eine kleine Anfrage zum Thema Corona als Arbeitsunfall und
Berufskrankheit vom 08.12.2020 (BT-Drs. 19/24982).
Aus Sicht des BDZ sollte eine Anpassung dieser Regelungen geprüft werden, um Kolleg(innen) zu schützen, die vergleichbaren Gefahren ausgesetzt sind.
Fehlen einheitlicher Kriterien für die Anerkennung von Berufskrankheiten
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat eine interne Handlungsempfehlung mit allgemein gültigen Kriterien erarbeitet, nach denen eine (vermutlich) im Dienst erworbene Infektion nach einheitlichen Kriterien geprüft und ggfs. als Dienstunfall anerkannt werden kann. Dies lässt sich zwar nicht 1:1 ins Dienstunfallrecht übertragen ist, bietet aber aus Sicht der GZD dennoch gute Anhaltspunkte.
Das BMF lehnt in seinem Erlass eine sinngemäße Anwendung
der Handlungsempfehlung der DGUV im Dienstunfallrecht jedoch ab. Eine
Übertragung auf das Dienstunfallrecht sei aufgrund der systematischen
Unterschiede zwischen der Gesetzlichen Unfallversicherung und dem
Beamtenversorgungsrecht nicht möglich. Maßgeblich für die Anerkennung
eines Dienstunfalls seien die Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes
(BeamtVG).
Das BMF weigert sich zudem, eine einheitliche
Handlungsempfehlung auszusprechen und verweist lediglich darauf, dass
sich der Anspruch auf Unfallfürsorge nach den konkreten Umständen des
Einzelfalls (Tz. 30.1.1.1 BeamtVGVwV) richtet.
Der BDZ fordert verbindliche, einheitliche Kriterien, damit Beamt(innen) gleichbehandelt und gegenüber Kolleg(innen) in der Gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechter gestellt werden.
Empfehlung und Forderungen des BDZ
Der BDZ empfiehlt allen Kolleg(innen), die im Dienst der
Gefahr einer Corona-Infektion ausgesetzt sind, vorsorglich einen
Nachweis über risikobehaftete dienstliche Kontakte zu führen und im Fall
eines Verdachts auf eine Infektion vorsorglich eine Unfallanzeige zu
stellen, um eventuelle Ansprüche zu wahren. Die Anerkennung als
Dienstunfall kann erhebliche Auswirkungen auf die Absicherung der
Betroffenen sowie ihrer Angehörigen haben.
Denn nur bei einem
Dienstunfall kommen die Leistungen der Dienstunfallfürsorge zum Tragen.
Der BDZ fordert nachdrücklich eine Vereinheitlichung und Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Anerkennung dienstlich verursachter Covid-19-Infektionen als Dienstunfall.
Hierzu muss das BMF eine verbindliche Handlungsempfehlung erarbeiten, die eine Gleichbehandlung der Betroffenen innerhalb der Bundesfinanzverwaltung und eine Schlechterstellung gegenüber gesetzlich Unfallversicherten ausschließt.
Der BDZ fordert zudem die Politik auf, die Möglichkeit der Anerkennung einer Corona-Infektion als Berufskrankheit sowie Beweiserleichterungen zu schaffen, um den Betroffenen den Nachweis eines Dienstunfalls in Form einer Corona-Infektion über seltene Einzelfälle hinaus zu ermöglichen."
Quelle: BDZ, URL: https://www.bdz.eu/medien/nachrichten/detail/news/ist-die-anerkennung-von-covid-19-infektionen-als-dienstunfall-moeglich.html
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