Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat einen Referentenentwurf zur Neustrukturierung des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZFdG) vorgelegt (140 Seiten), der noch nicht in das förmliche Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist. Das bisherige ZFdG umfasst 48 Paragrafen, der neue Gesetzentwurf umfasst 107 Paragrafen.
Hier die Begründung:
"A. Problem und Ziel
Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 (BVerfGE 141, 220) sowie die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89) (künftig Richtlinie (EU) 2016/680) werden für die hiervon betroffenen Behörden neue Vorgaben für die Verarbeitung personenbezogener Daten aufgestellt.
Die bis zum 25. Mai 2018 in nationales Recht umzusetzende Richtlinie (EU) 2016/680 verfolgt das Ziel, den Datenschutz im Zuständigkeitsbereich der Ermittlungsbehörden weiter zu harmonisieren, um zum einen ein einheitlich hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu gewährleisten und zum anderen den unionsweiten Informationsaustausch zu erleichtern und zu verbessern. Anpassungsbedarf besteht hier vor allem in Bezug auf die Festlegung und inhaltliche Ausgestaltung datenschutzrechtlicher Begrifflichkeiten und Verfahrensregelungen.
Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. April 2016 das Bundeskriminalamtgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (BGBl I
Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. April 2016 das Bundeskriminalamtgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt vom 25. Dezember 2008 (BGBl I
S. 3083; künftig BKAG g.F.) in Teilen für mit der Verfassung unvereinbar erklärt und dabei
folgende Grundsätze aufgestellt, die für die Strafverfolgungsbehörden zwingend zu berücksichtigen sind und in diesem Sinne eine Umsetzung auch im Zollfahndungsdienstgesetz erfordern:
Mit Blick auf aus eingriffsintensiven Maßnahmen resultierende personenbezogene Daten hat das Gericht festgestellt, dass deren Erhebung zunächst dem jeweiligen Zweck des zugrunde liegenden Ermittlungsverfahrens folgt. Eine Datennutzung über das für die Datenerhebung maßgebende Verfahren hinaus ist im Rahmen der ursprünglichen Zwecke dieser Daten jedoch erlaubt (weitere Nutzung). Dies setzt jedoch voraus, dass es sich um eine Verwendung der Daten durch dieselbe Behörde zur Wahrnehmung derselben Aufgabe und zum Schutz derselben Rechtsgüter handelt. Eine darüber hinaus gehende Nutzung der Daten auch zu anderen Zwecken als denen der ursprünglichen Datenerhebung ist möglich (Zweckänderung). Die Verhältnismäßigkeitsanforderungen für eine solche Zweckänderung orientieren sich am Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung.
Danach muss die neue Nutzung der Daten dem Schutz von Rechtsgütern oder der Aufdeckung von Straftaten eines solchen Gewichts dienen, die verfassungsrechtlich ihre
Neuerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln rechtfertigen könnten. Eine konkretisierte Gefahrenlage wie bei der Datenerhebung als solcher ist demgegenüber grundsätzlich nicht erneut zu verlangen; erforderlich aber auch ausreichend ist in der Regel das Vorliegen eines konkreten Ermittlungsansatzes. Für Daten aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen ist die Verwendung zu einem geänderten Zweck aller dings nur dann erlaubt, wenn auch die für die Datenerhebung maßgeblichen Anforderungen an die Gefahrenlage erfüllt sind.
Das Bundesverfassungsgericht stellt ferner klar, dass das besondere Schutzniveau bei inländischen Datenverarbeitungen durch eine Übermittlung der von deutschen Behörden erhobenen personenbezogenen Daten an Drittstaaten und an internationale Organisationen ebenso wenig ausgehöhlt werden darf wie durch eine Entgegennahme und Verwertung von durch ausländische Behörden menschenrechtswidrig erlangten Daten. Vor diesem Hintergrund findet auch auf die Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen in Drittstaaten der verfassungsrechtliche Grundsatz der Zweckbindung Anwendung. Zur Wahrung des grundgesetzlichen gebotenen Schutzniveaus ist es unabdingbar, bei der Übermittlung von Daten an das Ausland eine Begrenzung auf hinreichend gewichtige Zwecke, für die die Daten verarbeitet werden dürfen sowie die Vergewisserung über einen rechtsstaatlichen Umgang mit diesen Daten im Empfängerland vorzusehen.
Zur Gewährleistung eines effektiven subjektiven Rechtsschutzes sind eine wirksame aufsichtliche Kontrolle und Transparenz des Behördenhandelns gegenüber der Öffentlichkeit vorzusehen.
Den dargestellten Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts wird das Zollfahndungsdienstgesetz in seiner aktuellen Fassung teilweise nicht gerecht.
Die erforderliche Überarbeitung wird zum Anlass genommen, das Zollfahndungsdienstgesetz auch systematisch neu zu strukturieren und um bislang fehlende, aber erforderliche Regelungen insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr zu ergänzen."
Danach muss die neue Nutzung der Daten dem Schutz von Rechtsgütern oder der Aufdeckung von Straftaten eines solchen Gewichts dienen, die verfassungsrechtlich ihre
Neuerhebung mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln rechtfertigen könnten. Eine konkretisierte Gefahrenlage wie bei der Datenerhebung als solcher ist demgegenüber grundsätzlich nicht erneut zu verlangen; erforderlich aber auch ausreichend ist in der Regel das Vorliegen eines konkreten Ermittlungsansatzes. Für Daten aus Wohnraumüberwachungen und Online-Durchsuchungen ist die Verwendung zu einem geänderten Zweck aller dings nur dann erlaubt, wenn auch die für die Datenerhebung maßgeblichen Anforderungen an die Gefahrenlage erfüllt sind.
Das Bundesverfassungsgericht stellt ferner klar, dass das besondere Schutzniveau bei inländischen Datenverarbeitungen durch eine Übermittlung der von deutschen Behörden erhobenen personenbezogenen Daten an Drittstaaten und an internationale Organisationen ebenso wenig ausgehöhlt werden darf wie durch eine Entgegennahme und Verwertung von durch ausländische Behörden menschenrechtswidrig erlangten Daten. Vor diesem Hintergrund findet auch auf die Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen in Drittstaaten der verfassungsrechtliche Grundsatz der Zweckbindung Anwendung. Zur Wahrung des grundgesetzlichen gebotenen Schutzniveaus ist es unabdingbar, bei der Übermittlung von Daten an das Ausland eine Begrenzung auf hinreichend gewichtige Zwecke, für die die Daten verarbeitet werden dürfen sowie die Vergewisserung über einen rechtsstaatlichen Umgang mit diesen Daten im Empfängerland vorzusehen.
Zur Gewährleistung eines effektiven subjektiven Rechtsschutzes sind eine wirksame aufsichtliche Kontrolle und Transparenz des Behördenhandelns gegenüber der Öffentlichkeit vorzusehen.
Den dargestellten Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts wird das Zollfahndungsdienstgesetz in seiner aktuellen Fassung teilweise nicht gerecht.
Die erforderliche Überarbeitung wird zum Anlass genommen, das Zollfahndungsdienstgesetz auch systematisch neu zu strukturieren und um bislang fehlende, aber erforderliche Regelungen insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr zu ergänzen."
Quelle: BMF, URL: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_III/19_Legislaturperiode/Gesetz-zur-Neustrukturierung-des-Zollfahndungsdienstgesetzes/1-Referentenentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2
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