t@cker-leitartikel 4/2021: Corona-Pandemie - Home sweet Homeoffice...
"Corona-Pandemie
Home, sweet Homeoffice
Vor genau einem Jahr schrieb ich an dieser
Stelle davon, wie das neuartige Virus unser Leben verändert. Ich
schrieb davon, dass wir uns in unseren Grundrechten einschränken müssen
und auf die Entscheidungen von Politik und Staat hören müssen. Nur
wenige von uns nahmen an, dass wir auch heute noch in dieser Situation
stecken werden. Doch wir sind ein Jahr später nicht mehr ängstlich oder
besorgt - sondern wir sind müde und resigniert.
Müde von all den
Einschränkungen, müde von Ungewissheit, müde von vielen leeren oder
falschen Versprechungen und müde von einer unklaren Zukunft.
Während das Virus dieser Tage in der nun dritten Welle über
das Land fegt, erleben wir ein gespaltenes Land. Als wichtiger Baustein
der Pandemiebekämpfung befinden sich Millionen Mitmenschen im so
genannten Homeoffice. Immer noch arbeitet man so vor sich hin.
In den
eigenen vier Wänden und weitgehend ohne persönliche Kontakte.
Manche
Kolleginnen und Kollegen dieser Tage nunmehr seit über einem Jahr
ununterbrochen.
Was hat sich im letzten Jahr getan? Hoffnung auf Klarheit und
Grenzen brachte schnell Hubertus Heil, der als Arbeitsminister mit
seinem „Recht auf Homeoffice“ im vergangenen Jahr Schlagzeilen gemacht
hat. Doch aus dem Gesetzesentwurf, welcher ursprünglich bereits im
Herbst 2020 verabschiedet werden sollte, wurde bislang noch nicht viel,
obwohl gesetzliche Regelungen bitter nötig wären. Und somit sitzen die
Beschäftigten zum Teil noch immer mit dem Kind auf dem Arm, dem privaten
Laptop auf dem Schoß, nach einem 11-Stunden-Tag auf ihrem Barhocker in
der Küche und halten die zehnte Videokonferenz des Tages ab. Und sie
sind müde. Müde von der Isolation und der Tristesse.
Ihnen fehlt
teilweise nicht nur der Antrieb, sondern auch der Hang zur Realität.
Das
Verständnis für „die Anderen“, „die da draußen“.
So entwickelt sich vielerorts nicht nur ein Unmut gegen
Beschäftigte, die vermeintlich wohlbehütet zwischen Kaffeemaschine und
Sofa ihren Dienst verrichten.
Auch fehlt vielen Schreibtischtäter*innen
nunmehr der Blick für das Leben da draußen.
Was bedeutet es eigentlich,
wenn die Einkaufsstraßen leer sind, wenn Pandemieleugner um die Häuser
ziehen, wenn Mitarbeitende von Ordnungs- und Gesundheitsämtern im
täglichen Einsatz immer wieder an ihre Grenzen stoßen, wenn der Ton
rauer wird und die Gewaltbereitschaft steigt? Es knistert derzeit wie
lange nicht mehr. Um es mit meinen Worten aus den Generationen Y und Z
zu sagen, als jemand der nur das bisherige Leben in Sicherheit und
Wohlstand kannte: Es knistert wie nie zuvor. Das stimmt mich
nachdenklich, wo doch Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen
Dienstes ohnehin schon länger ein trauriger Trend ist. Wie kommen wir da
wieder raus?
Dass eine neue Epoche vor der Tür steht, sollte uns bereits
klargeworden sein.
Dass diese Epoche die der Digitalisierung sein wird,
könnte man auch ahnen. Doch wie und vor allem wie erfolgreich wir das
angehen werden, steht leider noch in den Sternen.
Wir sind zweifelsohne
Profis der Industrialisierung gewesen, doch schaffen wir das auch mit
der Digitalisierung oder ruhen wir uns auf unseren bisherigen Erfolgen
aus?
Lasst uns nun das tun, was wir am besten können: Uns
regulieren.
Wir müssen erkennen, wohin die Reise geht, wir müssen
Bedürfnisse aufzeigen, Rechtsrahmen schaffen und weitermachen.
Vielleicht auch anders und nicht wie immer. Vielleicht auch mal
diverser, bunter und schneller anstatt monoton, grau und langsam. Müde
war gestern. Diese Welt bekommt ein Update. Lasst uns unsere Kompetenzen
und unser Engagement nutzen, um jetzt aufzustehen uns loszulegen.
Miteinander, füreinander und für unsere gemeinschaftliche Zukunft.
Denn
dann kehren wir aus dieser Pandemie stärker zurück als wir
hineingegangen sind.
Florian Schütz
stellvertretender Vorsitzender dbb jugend"
Quelle: t@cker-editorial 4/2021, S. 2
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