Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
Am 5.11.2018 fand die lange erwartete Anhörung der Petition zur Reduzierung der 41-Stunden Woche auf 39 Stunden vor dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages statt.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags hat zum Inhalt und Gegenstand der 1-Stündigen-Anhörung folgenden Wortlaut veröffentlicht:
"In der laufenden Legislaturperiode wird es zu keiner Absenkung der Wochenarbeitszeit für die Beamten des Bundes kommen. Das machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Stephan Mayer (CSU), während der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag deutlich. Im Koalitionsvertrag sei eine solche Reduzierung nicht vorgesehen, sagte er. Um die Belastungen der Bundesbeamten durch Überstunden frühzeitiger auszugleichen, sei jedoch zwischen Union und SPD vereinbart worden, durch Arbeitszeitkonten für einen zeitnahen Abbau der Überstunden zu sorgen.
Für eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 39 Stunden spricht sich die Petentin Claudia Maurus in einer Petition aus, die mehr als 58.000 Unterstützer gefunden hat. Maurus sagte während der Sitzung, bei der Anhebung der Arbeitszeit auf 41 Wochenstunden sei den Beamten im Jahr 2006 zugesichert worden, "dass bei besserer Wirtschaftslage wieder eine Absenkung erfolgt". Dies sei bis heute ohne eine nachvollziehbare Begründung nicht geschehen, obwohl seit 2014 die schwarze Null stehe. Die Petentin sprach von "reiner Willkür". Die Bundesbeamten würden seit zwölf Jahren unbezahlte Überstunden leisten, sagte sie. In zwölf von 16 Bundesländern sei hingegen die Ausweitung der Wochenarbeitszeit inzwischen wieder rückgängig gemacht worden.
Die Konsolidierung des Haushalts sei "kein einmaliges Ziel, sondern eine Daueraufgabe", entgegnete Innen-Staatssekretär Mayer. Es habe auch 2006 keine verbindliche rechtliche Vereinbarung gegeben, die vorgesehen hätte, dass die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgenommen wird. Gleichwohl habe es die politische Aussage gegeben, dass die Erhöhung kein Dauerzustand wird. Das sehe das BMI auch heute noch so, betonte der Ministeriumsvertreter. Eine sofortige Reduzierung der Wochenarbeitszeit würde jedoch zu einem Mehrbedarf von 6.914 Stellen und finanziellen Mehrbelastungen in Höhe von 276,5 Millionen Euro pro Jahr führen, sagte Mayer.
Aus Sicht des Vorstandsmitgliedes des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (vbob), Michael Wolter, der die Petentin begleitete, stellt die schwarze Null die seinerzeit als Ziel ausgegebene Konsolidierung dar. Von der Erfüllung sämtlicher Maastricht-Kriterien sei 2006 nicht die Rede gewesen, sagte Wolter. Der Gewerkschaftsvertreter forderte, die aktuelle "Gerechtigkeitslücke" zu Ungunsten der Bundesbeamten auszugleichen. Die Arbeitszeit sei im Übrigen "ein ganz wichtiger Motivationsfaktor", weshalb die Reduzierung schnell kommen müsse.
Staatssekretär Mayer sah sich gleichwohl nicht in der Lage, eine konkrete Zusage zu machen, wann es zu einer Reduzierung kommt. Gefragt nach der Zeitschiene für das angekündigte Arbeitszeitkontenmodell sagte Mayer, er habe die Hoffnung, dass es im kommenden Jahr zur Umsetzung dieses Vorhabens kommen werde."Quelle. https://www.bundestag.de/presse/hib/-/577098
Hier der Wortlaut der Pressemitteilung des Deutschen Bundestages:
https://www.bdz.eu/fileadmin/img/Bezirksverbaende/BV_Baden/Bezirksverband/Aktuelles/Arbeitszeit/Keine_Reduzierung_der_Beamtenarbeitszeit__Deutscher_Bundestag_Petitionen_Ausschuss_.pdf
Die intensive Anhörung dauerte genau eine Stunde. Wer den Inhalt nachvollziehen möchte, kann das in der Mediathek nachschauen, hier unter der URL: https://www.bundestag.de/#url=L2Rva3VtZW50ZS90ZXh0YXJjaGl2LzIwMTgva3c0NS1wYS1wZXRpdGlvbmVuLzU3NTcxNg==&mod=mod531790
Die Hauptpetetentin Claudia Maurus vertrat die knapp 58.000 Mitzeichner der Online-Petition 79906 (https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2018/_05/_20/Petition_79906.nc.html) vor dem Petitionsausschuss und wurde inhaltlich unterstützt durch den Deutschen Beamtenbund (dbb) in der Person des stv. Vorsitzenden der dbb-Gewerkschaft vbob, siehe die URL: https://www.vbob.de/aktuelles/news/die-39-stunden-woche-im-petitionsausschuss-vbob-fordert-schliessung-der-gerechtigkeitsluecke/
Als weitere dbb-Gewerkschaft hat der VBB die Petetentin begleitet und vorab unterstützt:
URL: https://www.vbb.dbb.de/aktuelles/news/an-der-zeit-ein-versprechen-einzuloesen/ und URL: https://www.vbb.dbb.de/aktuelles/news/keine-reduzierung-der-wochenarbeitszeit-der-bundesbeamten/
Der BDZ hatte bereits zuvor über die Forderung nach einer Reduzierung der Arbeitszeit auf 39 Stunden berichtet:
URL: https://www.bdz.eu/aktuelles/news/gerechte-arbeitszeit-fuer-bundesbeamtinnenbeamte-jetzt.html und
URL: https://www.bdz.eu/medien/nachrichten/detail/news/arbeitszeit-ignoranz-gegenueber-einer-anhaltenden-ungleichbehandlung.html
Kommentar:
Die knapp 58.000 Mitzeichner und Unterstützer der Online-Petition 79906 des Deutschen Bundestags haben ein deutliches Zeichen an die Bundespolitik und die Bundesregierung gesendet: das Sonderopfer der Bundesbeamten muss ein Ende haben.
Die öffentliche Anhörung vor dem Deutschen Bundestag hat gezeigt, dass diese Forderung stichhaltig und sinnvoll ist. Die Hauptpetetentin hat die Forderung mit Unterstützung der dbb-Gewerkschaften sinnvoll und würdevoll vorgetragen - einen großen Dank hierfür.
Das Ergebnis ist auf den ersten Blick ernüchternd: keine Reduzierung der Wochenarbeitszeit in dieser Legislaturperiode. Aber was haben wir konkret erwartet?
Die Zwischentöne sind und bleiben interessant: Die Bundespolitik anerkennt in der Sache die Forderung und wird sich dem Thema annehmen müssen.
Es handelt sich nicht weniger als um eine Kernforderung des dbb (Beispielhaft: BDZ, URL: https://www.bdz.eu/der-bdz/ueber-uns.html und dbb-Vorsitzender Silberbach, URL: https://www.dbb.de/teaserdetail/artikel/zeit-der-zurueckhaltung-ist-vorbei.html).
Zunächst sollen nun nach Auskunft des BMI Arbeitszeitmodelle flächendeckend eingeführt werden. Das ist vom Grundsatz her nicht neu, wurde nur noch nicht in allen Bundesbehörden angeboten.
Fraglich ist, wie diese Modelle umgesetzt werden:
Haben Beamte, die seit 2006 die Mehrarbeit zur Konsolidierung des Bundeshaushalts leisten im Jahr 2018 genug Arbeitszeit auf ihrem Lebenszeitkonto angespart, um künftig eine geringere Arbeitszeit zu bekommen als Beamte, die später oder erst jetzt eingestellt werden?
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung in den Bundesländern Bayern und Hessen, welche die Arbeitszeit für ihre Landesbeamten von jeweils 42 Stunden wieder reduziert haben. Im übrigen ohne, dass das jeweilge Staatswesen zusammengebrochen ist...
Kernbotschaft der Bundesregierung und der versammelten Politiker der großen Koalition war: das ist nicht Gegenstand des Koaltiionsvertrags und damit Gegenstand des Wahlprogramms für die nächste Bundestagswahl. Wir werden nicht aufhören, an die Ungerechtigkeit der Arbeitszeiterhöhung für Bundesbeamte zu erinnern. Wir werden auf Grund der Ankündigung der Bundespolitik die Wahlprogramme aller Parteien für die nächste Bundestagswahl genau studieren. Und wir werden weiter berichten...
Anmerkung: Der Kommentar wurde am 25.11.2018 klarer gefasst, nachdem Beate Müller-Gemmeke (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) darauf hingewiesen hat, dass die Grünen die Arbeitszeitverringerung auf 39-Stunden in der Sache unterstützen, vgl. http://bdzovbremen.blogspot.com/2018/11/39-stunden-woche-fur-bundesbeamte.html.
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