BDZ zum eCommerce: MWSt-Digitalpakt ab 1.7.2021, Wegfall der 22 Euro-Freigrenze - Personalunterstützung bleibt aus
Die BDZ Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft kritisiert angesichts des Wegfalls der 22-Euro-EUSt-Freigrenze ab 1.7.2021 den ausbleibenden Personalaufwuchs bei den Zollämtern und den Sachgebieten B der Hauptzollämter (Nacherhebung, Beschwerden, VuB):
"E-Commerce
Der Wegfall der Mehrwertsteuerbefreiung kommt zum 1. Juli 2021, die digitale und personelle Unterstützung bleibt aus!
Auch das versprochene Personal bleibt aus, obwohl die
Zollstellen derweilen massiv mit der Bewältigung der Auswirkungen des
Brexits ausgelastet sind. Im Regierungsentwurf zur Aufstellung des
Bundeshaushalts 2022 wird deutlich, dass sich die politisch
Verantwortlichen erneut ihrer Verantwortung gegenüber den Zöllnerinnen
und Zöllnern entziehen.
Das berühmte Streichkonzert dringend benötigter
Planstellen für die Zollabfertigung zeigt bereits Wirkung: 1.400
zusätzliche Planstellen wurden vom BDZ zur Bewältigung des E-Commerce
gefordert, ein Personalmehrbedarf von 1.047 Arbeitskräften wurde von der
Generalzolldirektion für den Bundeshaushalt 2022 angemeldet,
zwischenzeitlich zeichnet sich eine Reduzierung der dringend benötigten
Planstellen auf sage und schreibe 50 Arbeitskräfte ab – vorbehaltlich
der Billigung des Parlaments.
Der BDZ warnte bereits seit geraumer Zeit vor den Szenarien des E-Commerce in der Zollabfertigung. Denn die Masse der zusätzlichen Zollanmeldungen wird ohne personelle und digitale Unterstützung zu Lasten der Arbeitsqualität, der Kontrollen und nicht zuletzt der Funktionsfähigkeit der Zollämter gehen.
Hintergrund
Mit dem Mehrwertsteuer-Digitalpaket kommen rechtliche
Änderungen, die erhebliche Auswirkungen vor allem auf die Abfertigung
aber u.a. auch auf die Sachgebiete B der Hauptzollämter haben. Zum einen
entfällt die Mehrwertsteuerbefreiung für kommerzielle Sendungen bis 22
Euro. Zum anderen muss zwingend für jede Sendung eine elektronische
Zollanmeldung abgegeben werden. Die bisherigen Vereinfachungen für
Sendungen unter 22 Euro entfallen. Darüber hinaus ist die Abgabe einer
Zollanmeldung für den freien Verkehr für Sendungen, für die eine
Zollbefreiung als Geschenksendung (bis 45 Euro) oder Sendung mit
geringem Wert (bis 150 Euro) gemäß der Zollbefreiungsverordnung greift,
nur noch im Bestimmungsland möglich, es sei denn es wird das so genannte
IOSS-Verfahren (Import One Stop Shop) genutzt. Das bedeutet, dass
derartige Sendungen, die für Deutschland bestimmt sind, auch hier zum
freien Verkehr abgefertigt werden müssen.
Der BDZ hatte hierzu bereits
umfangreich berichtet.
Das Abfertigungsvolumen steigt durch Brexit und E-Commerce exorbitant an, das Personal bleibt aus!
Insgesamt wird es durch die neuen Regelungen zu einer
Vielzahl an zusätzlichen elektronischen Zollanmeldungen beim deutschen
Zoll kommen, die risikoorientiert abzufertigen sind. Ursprünglich ging
der Zoll von ca. 100 Millionen zusätzlichen Sendungen aus, die
zollrechtlich abzufertigen sind. Inzwischen rechnen Experten jedoch mit
deutlich mehr Zollanmeldungen. Auch sind entsprechende Abgaben zu
erheben, welche auch Folgeprozesse im Bereich Erlass/Erstattung, aber
auch im Kassenwesen mit sich ziehen werden. Doch der im
Gesetzgebungsverfahren anerkannte Mehrbedarf von 1.030 Stellen kommt
einfach nicht in der Fläche an. Grund hierfür ist, dass die notwendigen
Stellen schlicht durch das BMF bereits im Bundeshauhalt 2021 nicht
eingebracht wurden.
Durch die politisch Verantwortlichen des BMF wird
gegenüber dem BDZ immer wieder betont, dass der Zoll eine hohe Priorität
habe.
Das Ergebnis der Haushaltsaufstellung gibt jedoch Anlass zur
Ernüchterung.
Nicht eine Stelle wurde im Bundeshaushalt 2021 für den
E-Commerce eingebracht!
„Das ist ein Widerspruch in sich! Planstellen,
die im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens eindeutig anerkannt wurden,
müssen auch in den Bundeshaushalt eingebracht werden.
Hier müssen sich
die verantwortlichen Akteure im BMF im Interesse der Zöllnerinnen und
Zöllner durchsetzen,“ fordert der stellvertretende Bundesvorsitzende und
Vorsitzende des Hauptpersonalrates Thomas Liebel. „Der BDZ geht hier
abermals ohne Rückhalt des eigenen Ressorts in die Verhandlungen um
zusätzliche Stellen für den Zoll bei den zuständigen Berichterstattern
des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags“, so Liebel weiter.
Auch ein zunächst geplanter staffelweiser Erhalt von
Stellen in den kommenden Jahren fällt wesentlich geringer aus, als
ursprünglich gedacht. Nach aktuellen Überlegungen sollen nur 50
Planstellen für den E-Commerce im Bundeshauhalt 2022 eingebracht werden.
Der BDZ hatte bereits im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren
vorgebracht, dass der errechnete Mehrbedarf sprichwörtlich „einem
Tropfen auf den heißen Stein“ entspricht.
Umso unverständlicher ist,
dass das Personal nun darüber hinaus nicht zeitnah zur Verfügung stehen
kann oder zumindest der Mehrbedarf hierfür in unmittelbarem zeitlichen
Zusammenhang im Bundeshaushalt nicht anerkannt wird. Die Zollämter
benötigen zum 1. Juli 2021 dringend Unterstützung und nicht erst im
Jahre 2023 oder noch später.
Durch den Brexit sind die Belastungsgrenzen
bereits erreicht, wenn nicht sogar überschritten. Hier werden bewusst
Belastungen für diejenigen Zöllnerinnen und Zöllner in Kauf genommen,
die zur Sicherung der Einnahmenseite des Bundeshaushalts einen
wesentlichen Beitrag leisten.
Erforderliche IT-Unterstützung bleibt vorerst aus!
Da das erforderliche IT-Fachverfahren ATLAS-IMPOST voraussichtlich erst im Januar 2022 in Betrieb genommen werden kann, werden die Kolleginnen und Kollegen in der Zollabfertigung unnötigen Zusatzaufgaben ausgesetzt. Prozesse, die elektronisch und teilweise automatisiert hätten abgewickelt werden können, müssen nun bis zur Echtbetriebsaufnahme von ATLAS-IMPOST manuell erledigt werden. Angemerkt sei hier, dass bisher keine Personalvertretung bei der Entwicklung des IT-Fachverfahrens eingebunden wurde. Stattdessen erfolgt ein Ping-Pong-Spiel der Zuständigkeiten zwischen BMF und Generalzolldirektion, um offensichtlich die personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung zu umgehen. Denn nicht ohne Grund hält der Gesetzgeber die Einbeziehung der zuständigen Personalvertretung bei der Entwicklung von IT-Fachverfahren für erforderlich – z. B. zur Verhinderung von Leistungs- oder Erfolgskontrolle oder der Sicherstellung der Benutzerfreundlichkeit.
Insgesamt herrscht bei den betroffenen Beschäftigten große Verunsicherung im Hinblick auf den Stichtag zum Wegfall der Mehrwertsteuerfreigrenze sowie insgesamt zu den Auswirkungen des E-Commerce auf die Zollabfertigung. Der BDZ ist an Ihrer Seite und wird die Kritik an den bestehenden Missständen auf allen Ebenen weiterhin vorbringen."
Quelle: BDZ, URL: https://www.bdz.eu/medien/nachrichten/detail/news/der-wegfall-der-mehrwertsteuerbefreiung-kommt-zum-1-juli-2021-die-digitale-und-personelle-unterst.html
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