"Arbeiten im Homeoffice
Zufriedenheit steigt – aber auch die psychische Belastung
Digitalisierung: Mobil arbeiten zu können, hat viele Vorteile. Doch auch das Risiko für psychische Belastungen steigt.
Rund 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten schon heute regelmäßig außerhalb ihres stationären Arbeitsplatzes in Behörde, Betrieb, Unternehmen, unabhängig von Ort oder Zeit. Knapp die Hälfte davon arbeitet häufig von zu Hause aus.
Eine aktuelle Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt die großen Vorteile von Homeoffice. Dazu gehört, dass die Beschäftigten ihre Arbeit selbstständiger planen können und mehr Entscheidungsfreiheit sowie Mitspracherechte haben.
Aber: Diese Beschäftigten haben auch stärkere psychische Belastungen als Menschen, die nur an ihrem Arbeitsplatz tätig sind.
„Erschöpfung, Konzentrationsprobleme,
Schlafstörungen.
Wer viel im Homeoffice arbeitet, leidet häufiger unter
solchen Problemen als andere Beschäftigte. Dennoch haben flexible
Arbeitsbedingungen viele Vorteile.
Wichtig ist, die Arbeitsbedingungen
gesundheitsförderlich zu gestalten“, sagt Helmut Schröder,
stellvertretender Geschäftsführer des WIdO und Mitherausgeber des
Fehlzeiten-Reports. Für die Studie hat das WIdO im Frühjahr 2019 etwa
2.000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren befragt.
Viele Befragte mit Homeoffice berichten von einer
höheren Arbeitszufriedenheit und den Vorteilen flexibler Arbeit. Neben
einer höheren Autonomie gehört für mehr als zwei Drittel (67,3 Prozent)
dazu, dass sie zu Hause mehr Arbeit bewältigen können und drei Viertel
(73,7 Prozent) schätzen daran, dass sie konzentrierter arbeiten können
als am Arbeitsplatz. Darüber hinaus beschreibt fast jeder Zweite (45,8
Prozent) mit Homeoffice seinen Arbeitsaufwand außerhalb des Unternehmens
als genau richtig.
Grenze zwischen Job und Privatleben verschwimmt
Gleichzeitig fühlten sich laut der Befragung 73,4
Prozent der Befragten, die häufig im Homeoffice arbeiten, in den letzten
vier Wochen erschöpft.
Bei Beschäftigten, die ausschließlich im Büro
tätig sind, waren es nur 66 Prozent.
Über Wut und Verärgerung klagten
69,8 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice gegenüber 58,6 Prozent im
Büro; bei Nervosität und Reizbarkeit waren es im Homeoffice 67,5 Prozent
im Vergleich zu 52,7 Prozent. Auch Lustlosigkeit, Konzentration und
Schlafstörungen unterscheiden sich deutlich zwischen den beiden Gruppen.
„Im Homeoffice verschwimmt die Grenze zwischen Job und Privatleben
stärker.
Damit wächst das Risiko, dass Erholungsphasen schrumpfen“, gibt
Schröder zu bedenken. So verlegt laut der WIdO-Befragung jeder Dritte
mit Homeoffice häufig Arbeitszeit auf den Abend oder das Wochenende
(33,9 Prozent). Fast ein Fünftel der betroffenen Befragten berichtet
über Probleme mit der Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit (18,8
Prozent) oder über Anrufe beziehungsweise E-Mails des Arbeitgebers
außerhalb ihrer Arbeitszeiten (19,5 Prozent). Darüber hinaus gibt mehr
als ein Drittel der Beschäftigten mit Homeoffice an, dass sie Probleme
haben, nach Feierabend abzuschalten (38,3 Prozent). Bei den
Beschäftigten, die ausschließlich im Betrieb arbeiten, ist das nur jeder
Vierte (24,9 Prozent).
Trotz der höheren psychischen Belastung haben
Beschäftigte im Homeoffice geringere Fehlzeiten (7,7 Tage) als solche,
die nur am Unternehmenssitz tätig sind (11,9 Tage).
„Im Homeoffice
lassen sich die Arbeitszeiten passgenauer einteilen.
Unter Umständen
arbeiten die Menschen im Krankheitsfall weniger und holen die verlorene
Arbeitszeit dann nach“, erklärt Helmut Schröder.
Arbeitsgestaltung und digitale Kompetenzen
„Es mag wie ein Widerspruch klingen, dass sowohl
die psychischen Belastungen als auch die Arbeitszufriedenheit im
Homeoffice höher sind. Aber ob sich durch die Veränderungen aufgrund der
Digitalisierung gesundheitsförderliche oder gesundheitsschädigende
Effekte ergeben, ist wesentlich von der konkreten Gestaltung der Arbeit
abhängig und von den digitalen Kompetenzen der Menschen“, betont Antje
Ducki, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik und
Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports.
„Da die digitalen Techniken
rund um die Uhr zur Verfügung stehen, braucht es beispielsweise mehr
Selbstdisziplin des Einzelnen, sie auch mal auszuschalten.“
Qualifizierung und Gesundheitsmanagement
Ducki verweist darauf, dass die
Digitalisierung einen massiven Bedarf an Weiterbildung sowie Neu- und
Nachqualifizierung auslöst, damit die Fähigkeiten der Beschäftigten den
Arbeitsanforderungen gewachsen bleiben. Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, legt nach: „Lebenslanges Lernen wird durch die Digitalisierung wichtiger denn je.“
Die Beschäftigten sollten darüber hinaus durch Angebote des Betrieblichen Gesundheitsmanagements unterstützt werden – und dies auch mit Hilfe digitaler Angebote wie Onlineprogrammen."
Quelle: t@cker-tipps 11/2019, URL: http://tacker-online.de/html/tipps.html
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